Piscator 1928

angemietet hatte, begann er sich selbst Konkurrenz zu machen. Nun war er so sehr zum Erfolg verdammt, dass ein Premierenaufschub hier, ein Ausfall dort, genügte, um das Fiasko perfekt zu machen. Die Kräfte waren überspannt, und die Bühne scheiterte nicht zuletzt an den eigenen Erfolgen. Ständig und stets erwartete das Publikum neue Sensationen, neue Steigerungen, denen der überhitzte Apparat nicht mehr gerecht werden konnte. Am Ende der Spielzeit kollabierte das Unternehmen finanziell.

Die PiscatorBühne gehörte zu den extremen Kräften, die es auf die Zerschlagung der Weimarer Verfassung abgesehen hatten. Dass das Bürgertum sich an den Angriffen auf seine eigene Ordnung ergötzte, belegt zudem seinen Masochismus, mit dem es sich seinen Feinden auslieferte. Doch man übersieht dabei: Piscator machte Theater, es war ein Spiel, in dem die Konflikte der Zeit einen Austragungsort fanden. Ein politische Mord auf der Bühne setzte Emotionen frei, zog Debatten nach sich, erfuhr Ablehnung oder Zustimmung, er blieb ein Spiel. Ein Spiel, das die Feindschaften, Ängste und Aggressionen einer Zeit bannte, und damit eine befreiende und stabilisierende Funktion hatte. Piscators Schüsse fielen auf der Bühne, nicht auf der Straße. ………………………………………