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Piscator 1928

Spektakel in der Stresemannzeit

Militärputsch, Hyperinflation und Ruhrkampf war der verhassten Weimarer Republik eine Atempause vergönnt. Sie erlebte, was keiner für möglich gehalten hatte: eine Friedenszeit. Man hielt die Stabilität ihrem unprätentiösen Außenminister Gustav Stresemann zu Gute. Ein Republikaner aus Vernunftgründen, ein unauffälliger Mann, der unbewacht Unter den Linden spazieren ging. Man hätte ihn auf offener Straße erschießen können. Er wurde nicht erschossen. Der Sohn eines Berliner Kneipenwirts erhitzte keine Gemüter. Er strahlte Gelassenheit aus und sachdienliche Bequemlichkeit. Er war es irgendwann leid, zwischen Büro und Reichstag den Anzug zu wechseln und wechselte einfach nur das Jackett; seitdem trägt die praktische Kombination den Namen ihres Erfinders, Stresemann, ein Allzweckanzug, den man zu allen Gelegenheiten tragen kann. Stresemann verkörperte die Zeit wirtschaftlicher und politischer Konsolidierung, die Zahl der Arbeitslosen sank mit der der Konkurse und der Warenumsatz schoss in die Höhe. Die Jugend spielte lieber PingPong als Krieg.

Inmitten der Ruhe jener Stresemannzeit wollte nur einer nicht still sein, „der rote Pis“. So wurde Piscator genannt. Pfarrer hatte er werden sollen, um das Evangelium zu predigen wie es sich für den Sohn einer ………………………………………